ERFOLG DARF MAN SICH NICHT SCHÖN REDEN - Interview mit Tina Müller, CEO Douglas GmbH

Was hält Sie nachts wach? 

Mich hält nachts grundsätzlich nichts wach. Dass ich nachts gut schlafe, ist aber auch wichtig, damit sich meine Batterien wieder aufladen und ich genug Energie für den Tag habe. 

Von welchem Unternehmen können Sie am meisten für Ihre Zukunft lernen und warum?

Derzeit beschäftige ich mich viel mit den Themen Flexibilität und Agilität. Die Begriffe kommen ursprünglich aus dem IT-Bereich, aber mittlerweile sind sie vielmehr kulturprägend. „Agil“ zu sein, ist nicht nur für Unternehmen wichtig, sondern auch für mich als Unternehmerin – auch ganz persönlich. Daher beschäftige ich mich gerade viel mit Unternehmen aus dem Digital- und E-Commerce-Bereich. Ich habe mir auch einige Startup-Unternehmen angeschaut und gewinne dabei viel Inspiration von Unternehmen aus anderen Branchen. Mein Fokus liegt insbesondere auf Unternehmen, die es geschafft haben, sich mit disruptiven Innovationen weiterzuentwickeln: die zum Beispiel den Trend der Digitalisierung genutzt haben und ihr Geschäftsmodell entsprechend neu ausgerichtet haben.

Wer beschäftigt sich bei Ihnen im Hause mit dem Thema Zukunft? 

Bei Douglas beschäftigt sich jeder einzelne Mitarbeiter mit dem Thema Zukunft, denn eine agile Kultur können wir im Unternehmen nur zusammen etablieren. Ich bin davon überzeugt, dass es wichtig ist, den Mut zu haben, neue Dinge auszuprobieren. Manchmal klappt es, manchmal klappt es nicht – auch das gehört für mich zu einer agilen Denkweise. Wichtig ist, dass man Neues wagt, um die Ideen zu finden die funktionieren und diese dann skaliert. Das ist nicht nur für mich persönlich wichtig. Ich glaube fest daran, dass diese Mentalität auch wesentlich ist für eine gesunde Unternehmenskultur – und sich schlussendlich auch positiv auf die Marke auswirkt. Als Unternehmen im Einzelhandel ist es für uns wichtig, dass wir, bei allem, was wir für die Zukunft tun, unsere Kunden nicht aus den Augen verlieren. Denn am Ende des Tages sind unsere Kunden unsere Zukunft. 

Wie lang / kurzfristig betrachten und planen Sie Ihre Zukunft? 

Es gibt eine kurzfristige Planung, um flexibel und agil zu bleiben. Und es gibt eine mittelfristige und eine langfristige Planung. Einen Plan zu haben, ist gut und wichtig, auch wenn einem das heute nicht mehr die Sicherheit gibt, die es früher gegeben hat. Heute müssen wir viel flexibler planen, da sich die Märkte innerhalb kürzester Zeit umfassend verändern. 

Wie werden sich die Bedürfnisse und Wünsche Ihrer Kunden in der Zukunft ändern und wie beschäftigen Sie sich damit? 

Wie sich Bedürfnisse unserer Kunden verändern, erkennt man oft schon am eigenen Einkaufsverhalten: Wir wollen unsere Produkte möglichst sofort, statt auf eine Lieferung warten zu müssen. Das Thema sofortige Warenverfügbarkeit gewinnt damit zunehmend an Bedeutung. 

Und natürlich wollen wir flexibel darüber entscheiden, wann, wo und wie wir einkaufen. Habe ich Zeit, um in die Stadt zu gehen oder bestelle ich lieber schnell online? Ist mein Produkt im Geschäft verfügbar? Bin ich zu Hause, wenn meine Lieferung ankommt? Bei Douglas arbeiten wir deswegen an einem nahtlosen Ineinandergreifen unserer Vertriebskanäle, damit unsere Kunden die volle Flexibilität genießen. Die bietet Douglas vielfach schon heute: Ich kann Produkte im Onlineshop recherchieren und entweder direkt bestellen oder in der nächsten Filiale reservieren – dann kann ich sie vor Ort auch noch ganz bequem ausprobieren. Umgekehrt kann ich Produkte, die in meiner Filiale gerade nicht verfügbar sind, online bestellen und zu mir nach Hause liefern lassen. So muss ich kein zweites Mal in die Stadt. 

Das Bedürfnis nach Flexibilität und der Wunsch nach schnellstmöglicher Warenverfügbarkeit werden sich in Zukunft weiter verstärken. So werden wir künftig nicht ein oder zwei Tage auf unsere Onlinebestellung warten, sondern wollen sie in der nächsten Stunde geliefert bekommen – auch daran arbeiten wir.

Eines aber wird sich nicht ändern: das grundsätzliche Bedürfnis der Menschen nach Schönheit. Davon bin ich überzeugt.

Welche  drei Eigenschaften sind Ihnen am wichtigsten bei Mitarbeitern, die für Sie arbeiten / Sie rekrutieren?

Unternehmergeist, Kreativität und Loyalität, denn diese drei Eigenschaften stehen für mich in unmittelbarem Zusammenhang zum Thema „agile Unternehmenskultur“. 

Was war einer Ihrer größten Fehler in der Vergangenheit und wie haben Sie daraus gelernt bzw. Ihr Handeln verändert?

Einer meiner größten Fehler war es, vor 15 Jahren eine Shampoo-Linie für Senioren einzuführen. Aber natürlich will keine Frau ein Shampoo haben, wo dick und fett „40+“ drauf steht. Die Produkte lagen wie Blei im Regal. 

Aber so ist das eben: man macht täglich Fehler. Ich habe daraus gelernt, dass man sich Erfolg nicht schön reden darf. Wenn man merkt, dass etwas in die falsche Richtung läuft, sollte man schnell reagieren. Ich folge da dem Motto „kill your darlings“: Ich greife lieber sofort ein und mache klar Schiff. Natürlich ist das manchmal schmerzlich. Aber ein Neustart ist besser, als an etwas zu hängen, das nicht funktioniert oder gar Zeit und Kraft damit zu verschwenden, es zu retten.

Grundsätzlich habe ich relativ schnell eine Vorstellung davon, wie etwas sein sollte. Wenn aber im nächsten Meeting jemand ist, der mir sagt, dass diese Idee totaler Mist war, kann ich das sehr gut annehmen. Wenn sich herausstellt, dass ich in die falsche Richtung laufe, kann ich meine Meinung revidieren. Das ist übrigens noch eine Erkenntnis, von der ich überzeugt bin: Bei Douglas sagen wir immer „teamwork always wins“ – ich halte es für unglaublich wertvoll, wenn das Kollektiv des Teams mitdenkt und gegebenenfalls auch eingreift. 

Was sind momentan Ihre größten Investitionen in die Zukunft? 

Die größten Investitionen sind die in das richtige Personal, in die richtige Technologie, in unsere Filialen, um aus ihnen einen „Point of Experience“ zu machen. Unsere Filialen müssen in mehrerlei Hinsicht moderner werden: Vor allen Dingen sollen sie künftig einen besonderen Erlebnischarakter haben. Wie das aussehen kann, testen wir zum Beispiel gerade in unserer Filiale in der Kaiserstraße in Frankfurt. Hier bieten wir unseren Kunden viele digitale Touchpoints, die zu einer völlig neuen Form von Beratung und Erlebnis führen. 

Wie wird sich Ihre Branche in der Zukunft weiter entwickeln / verändern?

Der Kosmetikmarkt wird sich in Europa weiter positiv entwickeln weil die Menschen immer mehr bereit sind in ihre eigene Schönheit zu investieren. Das gilt im Übrigen nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer. Und Beauty betrifft heute nicht mehr ausschließlich den Kosmetikbereich, sondern umfasst auch den Pflegebereich. Deshalb entwickelt sich der Markt für Premiumkosmetik und -pflege auch überproportional. 

In diesem Zusammenhang spielt die Vielfalt der Einkaufsmöglichkeiten natürlich eine wichtige Rolle. Online wird für unsere Branche weiterhin eine große Rolle spielen. Aber ich bin überzeugt, dass Filialen an Bedeutung nicht verlieren werden, weil sie eben mehr bieten: individuelle Beratung, einzigartigen Service und ein persönliches Einkaufserlebnis. Nur in der Filiale können unsere Kunden die ganze Produktvielfalt unmittelbar erleben: verschiedene Texturen auf der Haut spüren, diverse Produktlinien ausprobieren, an unterschiedlichen Duftnoten riechen, neue Farbnuancen am eigenen Augen Make-Up testen – das ist es doch, was ein Beauty-Erlebnis ausmacht. 

Wie würde Ihr (innovatives) Bild des Unternehmens der Zukunft aussehen?

Für mich stellt ein innovatives Unternehmen den Kunden permanent in den Mittelpunkt und findet auf seine individuellen Bedürfnisse die richtige Antwort. Das erfordert, dass wir vielleicht auch einmal radikale Innovationen schaffen: Produkte, die völlig neu ansetzen und unsere Kunden überraschen. Oftmals sind genau das die Innovationen, die Bedürfnisse befriedigen, die Kunden zuvor vielleicht noch gar nicht bewusst waren und somit auch völlig neue Märkte eröffnen.

Wer oder was inspiriert Sie und welchen Einfluss hat das auf Ihre Rolle?

Mich persönlich inspirieren unsere rund 20.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Douglas. Sie alle sind Markenbotschafter unseres Unternehmens und damit das Herz von Douglas. Ich freue mich auf jeden Besuch in einer unserer 2.500 Filialen: die Erlebnisse am Puls unseres Unternehmens und in den Gesprächen mit den Kolleginnen und Kollegen sind für mich jedes Mal wahnsinnig inspirierend. Ich komme danach immer mit tollen Eindrücken und einem ganzen Strauß an neuen Ideen zurück. 

Tina Müller: „Erfolg darf man sich nicht schön reden“

Douglas-Chefin Tina Müller setzt auf eine agile Unternehmenskultur. Wenn etwas schief läuft greift sie lieber sofort ein und stellt die Signale auf Neustart, statt zeit- und kraftaufwändige Rettungsversuche zu unternehmen 

 

stefanie unger